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Interview mit Eva Klotz

Beitragsbild Foto Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von Eva Klotz und der Süd-Tiroler Freiheit

Eva Klotz war zwischen 1983 und 2014 Abgeordnete im Süd-Tiroler Landtag in Bozen. Zuletzt als Vertreterin der Bewegung Süd-Tiroler Freiheit, die sie im Jahr 2007 mitbegründet hatte. Von Beginn an war Eva Klotz eine mutige Kämpferin für das Selbstbestimmungsrecht und die Belange ihrer Volksgruppe der deutsch- und ladinischsprachigen Süd-Tiroler. Sie hatte Kontakte zu Volksgruppen und Minderheiten ohne Staat in ganz Europa und erlangte hierbei europaweite Bekanntheit. Sowohl Freunde als auch politische Gegner begegneten ihr stets mit großem Respekt. Über die persönlichen Erinnerungen an ihren Vater, den Süd-Tiroler Freiheitskämpfer Jörg Klotz, der Eva und seine Familie stark geprägt hatte, ihre Zeit im Landtag, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und weiter interessante Themen spricht Eva Klotz hier im my-politics-blog.com Interview:

My-politics-blog.com Interview mit Eva Klotz 

Liebe Eva, du bist 31 Jahre lang  Landtagsabgeordnete gewesen zunächst für den Südtiroler Heimatbund, dann für die Union für Südtirol, und zuletzt für die Süd-Tiroler Freiheit. Wie blickst du im Nachhinein auf diese bewegende Zeit zurück? 

Es waren sehr intensive Jahre politischer Tätigkeit im Südtiroler Landtag. Im fernen November 1983 war ich mit dem Südtiroler Heimatbund bei den Landtagswahlen angetreten, um mit allen demokratischen Mitteln für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes in Südtirol zu kämpfen. Im Jahr 1977 hatten nämlich sowohl Italien als auch Österreich die UNO- Menschenrechts- Pakte von 1966 ratifiziert. Somit war es auch in Italien möglich, dafür einzutreten, ohne dass man lebenslange Haft wegen Anschlags auf die Integrität des Staates riskierte. Da es jedoch klar war, dass dieses unser größtes Ziel nicht so schnell zu erreichen sein würde, galt mein Einsatz auch der Erhaltung und Stärkung unserer deutschen Sprache und der Tiroler Identität. Besonderes Augenmerk legte ich dabei auf das Recht, in allen öffentlichen Ämtern die deutsche Sprache zu gebrauchen, so wie es im Autonomie- Statut vorgesehen ist. Obwohl dieses Recht Verfassungsrang hat, wird und wurde es tagtäglich missachtet und ausgehöhlt. Mein Einsatz galt auch der Wiederherstellung der historisch gewachsenen Orts- und Flurnamen, die in der Zeit des Faschismus gefälscht worden waren und bis heute Gültigkeit haben. Im Rahmen der Landtags- Arbeit habe ich  auch manche Studienreise unternommen, Verbindungen zu Vertretern anderer geteilter Völker bzw. Völker ohne Staat in Europa aufgenommen und mit wichtigen neuen Erkenntnissen die politischen Debatten belebt. Ich kann heute sagen, dass ich gemeinsam mit meinen Mitstreitern dafür gesorgt habe, dass in den letzten 40 Jahren das Feuer der Selbstbestimmung in Südtirol nicht erlöscht, und der Freiheitsgedanke nicht nur am Leben gehalten, sondern gestärkt worden ist.

Welche Werte und Ideale vertritt die von dir im Jahr 2007 mitbegründete Bewegung Süd-Süd-Tiroler Freiheit? 

Die Menschen- und Freiheits-Rechte der Völker wie auch des einzelnen Individuums, Wiedervereinigung Tirols, Gerechtigkeit in allen Bereichen, Sprache und Kultur, Natur-und Landschafts- Schutz sowie eine gute Verwaltung. 

Du hattest in deiner Zeit als Landtagsabgeordnete enge politische Kontakte mit Katalonien. Im Oktober 2017 kam es dort seitens des spanischen Staates zu massiver Gewalt gegen die Teilnehmer des Unabhängigkeitsreferendums. Befürchtest du, Italien könnte ähnlich repressiv vorgehen, sollte es eines Tages zu einem Unabhängigkeitsreferendum in Süd-Tirol kommen? Was könnte deiner Meinung nach auf europäischer und internationaler Ebene getan werden, um derartige Menschenrechtsverletzungen bei demokratischen Abstimmungen in Europa zu verhindern? 

Wie man sieht, ist es ein langer Weg, die europäische Gesellschaft davon zu überzeugen, dass Einheit und Frieden nur auf der Grundlage von Gerechtigkeit und Gleichberechtigung wachsen kann. Vom Europa der Staaten sollte es sich zu einem Europa der Regionen wandeln, welche sich Kraft des Selbstbestimmungsrechtes heraus bilden. Im Falle Kataloniens hat die europäische Gemeinschaft versagt, es wird noch seine Zeit brauchen, bis sich das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Gestaltungskraft durchsetzt. Steter demokratischer Kampf, vor allem Aufklärung und Überzeugungsarbeit sind dafür zu leisten.

Wie schätzt du die politische Entwicklung in Süd-Tirol seitdem die SVP Anfang dieses Jahres eine Koalition mit den Neofaschisten der Fratelli d’Italia eingegangen ist, die jetzt in der Süd-Tiroler Landesregierung vertreten sind ein? 

Das, was sich die Volkspartei für ihre Verbindung mit der Partei Melonis und der Lega erwartet, nämlich die Wiederherstellung der autonomen Zuständigkeiten, wird nicht erfolgen. Rom und dessen Vertreter in Bozen werden das Ganze so lange verzögern und zerreden, bis die Regierung Meloni am Ende ist. Rund 50% der autonomen Zuständigkeiten sind in den letzten Jahrzehnten bekanntlich zurück genommen oder ausgehöhlt worden. Die Geschichte hat gezeigt, dass man mit Rom keine Verträge schließen kann, weil es kein verlässlicher Partner ist. Italien geht es immer in erster Linie um die eigenen bzw. staatlichen Interessen, nicht um die Autonomie und Erhaltung der Südtiroler Besonderheit.

In deinem Buch über deinen Vater Georg Klotz beschreibst du sehr eindrucksvoll das Leben deines Vaters als Kämpfer für die Freiheit Süd-Tirols, und die Einheit Tirols.Wie sind deine Erinnerungen an deinen Vater in der für ihn und eure Familie äußerst schwierigen Zeit des Freiheitskampfes in den 1960er Jahren?

Mein Vater hat für die Befreiung Südtirols vom italienischen Staat nicht nur alles geopfert, sondern sein Leben oft dafür aufs Spiel gesetzt. Es waren die Freiheitskämpfer der 60er Jahre, die durch ihren selbstlosen Einsatz Italien an den Verhandlungstisch gezwungen haben. Ich weiß, wie sehr mein Vater unter Heimweh gelitten hat, besonders in den Jahren der Wiener Verbannung und der Haft. Meine beiden Brüder und ich hatten wenigstens als Kinder etwas von unserem den Vater, aber die drei jüngsten Geschwister, vor allem meine jüngste Schwester, die im Dezember 1960 geboren war, kannte ihren Vater im Grunde nicht. Dank der Unerschrockenheit und Charakterstärke unserer Mutter, die immer zu unserem Vater gestanden, ihm auch zur Flucht verholfen hatte, haderten wir als Familie nicht wegen unseres Schicksals. Es hat uns eng zusammengeschweißt, und wir 6 Geschwister und deren Familien setzen uns – jeder an seinem Platz- für die Ziele unserer Eltern ein. Das, was mir mein Vater in ein Album geschrieben hat, ist nicht nur für mich, sondern auch für unsere ganze Familie zur Lebensmaxime geworden: Tue Recht und scheue niemand! Er hat uns Menschenwürde und Achtung vorgelebt, auch in den bittersten Stunden seines Lebens.

Ich hatte hier auf my-politics-blog.com über Luis Amplatz berichtet, er war während des Freiheitskampfes eng mit deinem Vater befreundet. Wie würdest du deiner persönlichen Erinnerung nach Luis Amplatz beschreiben? 

Ich bin Luis Amplatz nur ein einziges Mal begegnet: 1964 in Wien, wo er wie mein Vater in Verbannung lebte. Einen halben Tag verbrachten mein Vater, meine Mutter und ich mit ihm. Ich habe ihn als fröhlichen, beredten Naturmenschen in Erinnerung. Aus Erzählungen meines Vaters weiß ich, welch furchtloser, verwegener Kämpfer er war. Seine heimtückische Ermordung im September 1964 ist bis heute nicht gesühnt, aber so gut wie aufgeklärt. Der italienische Staat (Innenministerium), der diesen Mord in Auftrag gegeben hatte, schweigt dazu offiziell bis heute.

Während des 2. Weltkrieg führten ukrainische Freiheitskämpfer einen Guerillakampf gegen die deutschen und russischen Okkupanten, für einen unabhängigen ukrainischen Staat. Hat dein Vater etwas von der politischen Situation in der Ukraine während seiner Zeit als Soldat der deutschen Wehrmacht in der Sowjetunion mitbekommen und euch einmal erzählt?

Vom Freiheitskampf der Ukrainer während der deutschen Okkupation im 2. Weltkrieg hat mein Vater nach meiner Erkenntnis nicht viel mitbekommen. Ich könnte mich nicht erinnern, dass er davon erzählt hätte. Er war auf anderen Kriegsschauplätzen in Russland, nämlich ganz im Norden und zum Schluss in der Nähe von Stalingrad. 

My-politicsblog.com bedanke sich ganz herzlich bei Eva Klotz für das Interview

Quelle: my-politics-blog.com über Luia Amplatz

https://my-politics-blog.com/freund-der-du-die-sonne-noch-schaust/

Quelle: my-politics-blog-com-interview mit Sven Knoll

https://my-politics-blog.com/sven-knoll-im-my-politics-blog-com-interview/

Schlagwörter: Antiimperialismus, Befreiungsausschuss Südtirol, Europa, Eva Klotz, Katalonien, Österreich, Selbstbestimmungsrecht der Völker, Süd-Tirol, Süd-Tiroler Freiheit, Tirol, Ukraine

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